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Auto-Assistenzsysteme erklärt: Nutzen, Nachteile, Pflichten
Assistenzsysteme sind oft Standard in modernen Autos. Welche Vorteile und welche Nachteile birgt das Fahren mit technischer Unterstützung und was ist eigentlich erlaubt?
Sie fahren nicht allein. Jedenfalls nicht in einem neueren Auto und auch dann nicht, wenn sonst niemand mit im Wagen sitzt. Jede Sekunde denkt ein Assistenzsystem mit. Es überprüft, wie sie die Spur halten, um zum Beispiel vor Müdigkeit zu warnen. Es schaut voraus und führt eigenständig Gefahrenbremsungen durch, wenn es eine Gefahr erkennt. All das sind Situationen, die ohne Assistenz häufig zu schweren Unfällen führen. Ein Assistenzsystem funktioniert also quasi nach dem Vier-Augen-Prinzip, als eine zusätzliche Absicherung im Straßenverkehr. Inzwischen ist die Technik so weit fortgeschritten, dass einige Assistenzsysteme sogar vorgeschrieben sind. Dieser Artikel zählt auf, welche das sind und wo Vor- und Nachteile der Assistenzsysteme liegen.
Technische Unterstützung: Assistenz-, Komfort-, und Sicherheitssysteme
Immer mehr Technik und Software findet ihren Weg in moderne KFZ. Diese Technik lässt sich grob in drei Gruppen unterteilen.
Sicherheitssysteme sind grundsätzlich zu empfehlen und teilweise Pflicht
Sicherheitssysteme bieten nachweislich mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Dabei kann zwischen aktiver Sicherheit und passiver Sicherheit unterschieden werden. Zur aktiven Sicherheit gehören zum Beispiel der Notbremsassistent, der Spurhalteassistent und der Totwinkelassistent. Zur passiven Sicherheit zählen Airbags und ABS, aber auch nicht technisch gesteuerte Dinge wie etwa der Sicherheitsgurt.
Übrigens: Seit 2024 sind einige technische Sicherheitssysteme verpflichtend in neuen Autos.
Allgemeine Assistenzsysteme mit sinnvollen Funktionen
Assistenzsysteme unterstützen den Fahrer bei der Fahrt und beeinflussen damit das Fahren als Aktivität. Mögliche Beispiele sind zum Beispiel Parkassistenten, Verkehrszeichenerkennung oder der Tempomat. All das sind Systeme, die als Unterstützung dienen und in vielen Fällen den Umgang mit dem Fahrzeug erleichtern.
Komfortsysteme sind angenehm, aber optional
Komfortsysteme sind rein optionale Systeme. Sie haben keinen direkten Einfluss auf das Fahren oder die Fahrsicherheit, machen aber das Erlebnis im Auto angenehmer. Zu den Komfortsystemen gehören etwa die Klimaanlage oder das Soundsystem. Auch Automatik statt Schaltung zählt zu den Komfortsystemen. Diese Systeme sind in der Regel nicht notwendig, sind heute aber dennoch kaum aus dem modernen Auto wegzudenken.
In Puncto sicheres Fahren ist die Unterscheidung nur auf den ersten Blick strikt. In Wirklichkeit gibt es so viele Faktoren, die auf Fahrer und Fahrzeug wirken, dass die unterschiedlichen technischen Systeme oft unbemerkt zusammenwirken. Wem angenehm kühl ist im Auto, der ist zum Beispiel nachweislich weniger gestresst und kann konzentrierter Fahren – demnach trägt indirekt auch eine Klimaanlage zur Sicherheit bei, obwohl sie nur als Komfort gilt. Und auch wenn der Parkassistent in der Regel keinen direkten Einfluss auf die Sicherheit des Lebens hat, so verhindert er doch ärgerliche Schrammen am eigenen Auto und am Eigentum anderer.
Diese Assistenzsysteme sind seit 2024 Pflicht
Den technischen Fortschritt und die erhöhte Sicherheit, den einige Assistenzsysteme bieten, hat auch der Gesetzgeber erkannt. Seit Juli 2024 sind daher einige Assistenzsysteme bei Neuwagen EU-weit Pflicht. Zu den nun gesetzlich vorgeschriebenen Assistenzsystem gehören:
- Der Notbremsassistent erkennt Gefahr, die vor ihm liegt, und bremst den Wagen dann selbstständig ab. Das kann wertvolle Sekunden sparen.
- Das Notbremslicht lässt alle Rückleuchten aufleuchten, wenn bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h und mehr eine Notbremsung durchgeführt wird. Das warnt nachfolgende Fahrer deutlich.
- Der Müdigkeits- und Aufmerksamkeitswarner erkennt an bestimmten Fahr- und Lenkmustern, wenn die Aufmerksamkeit sich verringert. Es folgt darauf ein optisches und akustisches Warnsignal.
- Der aktive Spurhalteassistent oder auch Notfall-Spurhalteassistent wird ab einer Geschwindigkeit von 60 km/h automatisch aktiviert und korrigiert selbstständig die Fahrtrichtung, falls bei dieser Geschwindigkeit nach links oder rechts übersteuert wird.
- Der Geschwindigkeitsassistent erkennt geltende Geschwindigkeitsbegrenzungen und warnt den Fahrer mit akustischen und optischen Signalen, wenn er diese übertritt.
- Der Rückfahrassistent erkennt beim Rückwärtsfahren andere Verkehrsteilnehmer und Hindernisse.
- Die Reifendrucküberwachung überprüft jederzeit den Reifendruck und warnt bei Unterschreitung des eingestellten Wertes. Ein zu niedriger Reifendruck hat verschiedene Auswirkungen auf die Fahrsicherheit, etwa einen größeren Bremsweg, eine erhöhte Gefahr für Reifenplatzen, ein erhöhtes Aquaplaning-Risiko und eine geringere Wirkung wichtiger Assistenzsysteme wie ABS und EPS.
- Eine Blackbox, ähnlich wie im Flugzeug, speichert anonym wesentliche Fahrdaten und kann so zur Optimierung von Sicherheitssystemen beitragen oder im Falle eines Unfalls bei der Rekonstruktion unterstützen. Eine Auswirkung der Blackbox wird also zukünftig auch für Versicherer wichtig.
Neben den bereits vorhandenen Sicherheitssystemen müssen Autos seit Juli 2024 auch auf die Zukunft vorbereitet sein. Eine Schnittstelle zum Einbau einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre ist seitdem ebenfalls Pflicht. Lediglich genauere Vorgaben zu dem Kontrollgerät fehlen bisher.
Dass Assistenzsysteme verpflichtend vorgeschrieben sind, ist nicht neu. Das ABS-System (Anti-Blockier-System) zum Beispiel, das verhindert, dass Reifen bei starken Bremsungen blockieren, ist fürs Auto in Deutschland schon seit 2004 Pflicht, fürs Motorrad seit 2017.
Keine Vorschrift, aber sinnvoll: Weitere Assistenzsysteme
Die Liste der Assistenzsysteme, sinnvoll und sogar sicherheitsfördernd sind, ist mit der Aufzählung der gesetzlich vorgeschriebenen Systeme noch lange nicht abgeschlossen. Die Technik entwickelt sich immer weiter und schon jetzt gibt es einige weitere Systeme, die in Zukunft Pflicht werden könnten oder nach Meinung einiger Pflicht werden sollten. Dazu gehören zum Beispiel:
- Der Abstandsassistent unterstützt den Fahrer dabei, einen konstanten Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug zu haben. Dazu werden Sensoren zur Abstandsmessung und Geschwindigkeitsmessung genutzt. Schwere Unfälle aufgrund von falscher Einschätzung eines Bremsweges könnten so verhindert werden.
- Der Totwinkelassistent warnt den Fahrer beim Spurwechsel vor Fahrzeugen im toten Winkel. Auch hierfür werden Sensoren genutzt. Manche Systeme gehen noch weiter und können sogar aktiv eingreifen, etwa durch Abbremsen, um eine Kollision zu vermeiden. Der Totwinkelassistent ist derzeit nur für große Fahrzeuge wie Busse und LKW Pflicht.
- Der Spurwechselassistent soll den Fahrer beim sicheren Wechsel der Fahrspur unterstützen. Er überwacht dabei den Bereich um das Fahrzeug herum und kann ähnlich wie der Totwinkelassistent funktionieren.
- Der adaptive Geschwindigkeitsassistent oder auch die adaptive Geschwindigkeitsanlage (ACC) lässt das Fahrzeug selbstständig in einer vorher gewählten Geschwindigkeit fahren. Im Unterschied zum Tempomat bremst die ACC selbstständig ab, sofern der Abstand zum vorrausfahrenden Fahrzeug zu gering ist und beschleunigt wieder, wenn die Straße frei ist. ACC und Abstandsassistent arbeiten hier also zusammen.
- Die Lichtautomatik ermittelt mittels Sensoren die Lichtverhältnisse und schaltet dementsprechend vollautomatisch das Licht an. Außerdem kann es bei Bedarf Fernlicht automatisch abblenden, sofern es entgegenkommende Fahrzeuge erkennt. Hierzu wird eine Kamera genutzt.
Hinzu kommen Assistenzsysteme, die kleinere Unfälle verhindern könnten und damit auch seltener Versicherer belasten. Zu diesen zählen etwa die Park Distance Control, die bei zu geringen Abständen den Fahrer je nach System akustisch und / oder optisch warnt. Auch Parkassistenzsysteme, die sogar selbstständig lenken oder das Einparken selbstständig übernehmen könnten eine Hilfe sein – in einigen Fällen aber auch ein Risiko.
Was sind die Nachteile von Assistenzsystemen?
Moderne Assistenzsysteme geben Fahrern meistens zu Recht ein erhöhtes Gefühl von Sicherheit. Auf der anderen Weise kann das schnell dazu führen, dass Verantwortung vom Menschen an die Technik abgegeben wird und autonomes Fahren per Assistenzsystemen zu selbstverständlich wird. Wenn der Gedanke entsteht, dass das Auto quasi von allein fährt, ist die Konzentration beim Fahrer herabgesetzt. Wenn dann die Technik einmal versagt oder nicht schnell genug reagiert, etwa weil Sensoren ausfallen oder die Kamera verschmutzt ist, ist ein Unfall schnell trotzdem passiert. Und: Technik kann Fehler machen. Sie ist hierfür zwar bei modernen Systemen weniger anfällig als der Mensch, aber eben doch nicht unfehlbar. Das Assistenzsystem sollte daher immer nur genau das bleiben: Eine Assistenz, eine Unterstützung, kein Ersatz für die eigene Aufmerksamkeit und den Menschenverstand.
Abgesehen davon ist die Wartung, Reparatur und der Einbau von Assistenzsystemen oft mit hohen Kosten verbunden. Hier braucht es Mithilfe der Hersteller, damit moderne und sichere Autos auch in Zukunft erschwinglich bleiben.
Die Vorteile von Assistenzsystemen sind eindeutig
Allen Vorbehalten und zukünftigen Kosten bei der Reparatur zum Trotz: Der Sicherheitsaspekt, der durch Assistenzsysteme nachweislich und deutlich verbessert wird, spricht für die fortschreitende Technik – und letztendlich ist nichts so kostbar und teuer wie die menschliche Gesundheit. Zurecht sind daher einige Assistenzsysteme inzwischen vorgeschrieben und es ist anzunehmen, dass diese Liste sich in Zukunft auch noch erweitern wird. Hersteller stehen dabei vor folgenden Herausforderungen, damit die Vorteile auch weiterhin Vorteile bleiben:
- Assistenzsysteme sollten für den Fahrer immer einfach und intuitiv zu bedienen sein, damit es nicht zu Ablenkungen kommt.
- Durch eine gewisse Einheitlichkeit der Software sollte eine Reparatur auch in kleineren Werkstätten möglich sein und es nicht zu einer unfreiwilligen Werkstattbindung kommen.
- Die Verlässlichkeit und eine geringe Fehleranfälligkeit von Assistenzsystemen muss sichergestellt werden.
Einfach einsteigen und sofort eine lange Tour machen ist bei neuen Autos mit viel Technik nicht empfehlenswert. Vielmehr sollten Sie sich wie bei jedem anderen technischen Gerät erst einmal mit den vielen Assistenzsystemen vertraut machen und hierzu die Bedienungsanleitung lesen. Nur so können Sie die Vorteile der Systeme optimal nutzen.
Fazit: Alles wichtige zu Assistenzsystemen im Überblick
- Assistenzsysteme können Fahrsicherheit, Fahrerfahrung und Fahrkomfort verbessern.
- Aus Gründen der Fahrsicherheit sind einige Assistenzsysteme heute EU-weit Pflicht.
- Assistenzsysteme können die Kosten für Reparatur, Wartung und Anschaffung eines Fahrzeugs erhöhen.
- Trotz Assistenzsystemen behält der Mensch immer die Verantwortung, vorausschauend und verkehrsgerecht zu fahren.
FAQ zu Assistenzsystemen im Auto
- Was sind Fahrassistenzsysteme? Fahrassistenzsysteme, kurz FAS, sind technische Systeme, die den Fahrer im Straßenverkehr unterstützen und teilweise zu einer erhöhten Sicherheit beitragen. Weitere Assistenzsysteme verbessern das Fahrerlebnis oder machen es komfortabler.
- Welche Assistenzsysteme sind gesetzlich vorgeschrieben? Seit 2024 sind gesetzlich folgende Assistenzsysteme gesetzlich vorgeschrieben: Notbremsassistent, Notbremslicht, Geschwindigkeitsassistent, Rückfahrassistent, Unfalldatenspeicher (Blackbox). Müdigkeits- und Aufmerksamkeitswarner, Spurhalteassistent und eine Schnittstelle für eine Alkohol-Wegfahrsperre.
- Was sind die Nachteile von Assistenzsystemen? Die technischen Systeme und das benötigte Zubehör wie Kamera und Sensoren sind teuer in der Anschaffung, Wartung und Reparatur. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich der menschliche Fahrer zu sehr auf die technische Assistenz verlässt.