Pflanzenöl als Kraftstoff – zukunftsfähig oder Nischenprodukt?

3 Min Pflanzenöl verhält sich als nachwachsender Rohstoff nahezu CO2-neutral. Doch nur wenige Autofahrer tanken heute den Biokraftstoff - aus nachvollziehbaren Gründen.

27.07.2020
Leonie Kaufmann
3 Min

Öl aus Pflanzen lässt sich prinzipiell als Energielieferant für Motoren verwenden. In Deutschland wird es vor allem aus Raps gewonnen, weltweit existieren jedoch unzählige Ölpflanzen, die als Kraftstoff zum Einsatz kommen könnten. In der deutschen Land- und Forstwirtschaft stellt diese Energiequelle eine günstige Variante dar, da keine Energiesteuer anfällt. Für die breite Masse der PKW- und LKW-Fahrer sieht die Situation jedoch anders aus.

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Warum ist die Bedeutung von Pflanzenöl als Kraftstoff gesunken?

Zu Beginn der 2000er-Jahre bestand die Hoffnung, dass Pflanzenöl als nachwachsender Energieträger den Dieselkraftstoff teilweise ersetzen könnte. Die Euphorie hat sich zwischenzeitlich gelegt. Hohe Dieselpreise an den Tankstellen befeuerten zu Beginn des dritten Jahrtausends die Idee, regenerative Energie zu nützen und den Tank mit Öl aus Pflanzen zu füllen. Mittlerweile stiegen die Preise für diesen Rohstoff. Dazu kommt, dass die Steuerbegünstigung aufgehoben wurde, zum 1. Januar 2013 wurde die Energiesteuer eingeführt. Außerdem fallen erhebliche Kosten für eine Umrüstung des Dieselmotors an, die sich nicht amortisieren.
Aus Verbrauchersicht rentiert sich der Einsatz von Pflanzenöl für PKWs und LKWs nicht mehr, die Nachfrage sank seit 2013 rapide. Lediglich im landwirtschaftlichen Betrieb kommt nach wie vor steuerbegünstigtes Rapsöl zum Betreiben der Maschinen zum Einsatz. Das Netz der Anbieter für PKWs dünnte schnell aus. Tankstellen, die Lagerung und Verkauf von Pflanzenöl betreiben, sind in Deutschland selten. Landwirtschaftliche Betriebe lagern Ihren Bedarf selbständig.
Der Marktanteil des Pflanzenöls am gesamten Verbrauch biogener Kraftstoffe betrug im Jahr 2017 in Deutschland 0,1 %, Biodiesel dagegen schlug mit 64,5 % zu Buche.

Warum müssen Dieselmotoren für die Verbrennung von Pflanzenöl umgerüstet werden?

Es sind keine Autos auf dem Markt zu finden, die ab Werk fürs Fahren mit Pflanzenöl ausgestattet sind. Es bleibt nur die Möglichkeit, ein Dieselfahrzeug umzurüsten. Im Vergleich zum Biodieselkraftstoff oder zu Diesel ist Pflanzenöl viel dickflüssiger. Die höhere Zündtemperatur und die starke Viskosität (Zähigkeit) führen dazu, dass im kalten Zustand Startschwierigkeiten entstehen und der Motor auf lange Sicht Schaden nimmt. Außerdem verbrennt ein konventioneller Dieselmotor das Öl nicht perfekt, gesundheitsgefährdende Stoffe werden verstärkt freigesetzt. Ein mit Diesel betriebener Motor benötigt daher einen Umbau für den Antrieb mit Pflanzenöl.
Die Umrüstung kann beispielsweise auf ein Zweitanksystem erfolgen. Der Kaltstart beginnt hier zur Schonung des Einspritzsystems und des kalten Motors zunächst mit Dieselkraftstoff. Ist die Betriebstemperatur des Motors erreicht, schaltet sich automatisch der Pflanzenölbetrieb ein. Bei der vollständigen Umstellung, also beim Eintanksystem, ist das Fahrzeug nur mit einem einzigen Tank ausgestattet. Das Pflanzenöl wird vorgewärmt und so auf Betriebstemperatur gebracht. Beim Kaltstart können trotzdem noch Verbrennungsprobleme auftreten.
Die Investitionskosten sind neben den Steuern ein wichtiger Faktor dafür, dass sich Pflanzenöl als Treibstoff nicht durchgesetzt hat. Die Mehrkosten einer Umrüstung amortisieren sich im Allgemeinen nicht. Der Einsatz von Pflanzenöl ist daher lediglich in der Land- und Forstwirtschaft rentabel.
Die Kosten einer Umrüstung hängen vom Fahrzeugtyp ab, in der Regel liegen die Preise zwischen etwa 1.000 und rund 3.000 Euro. Benziner sind für die Umstellung auf Pflanzenöl prinzipiell nicht geeignet.

Welche besonderen Eigenschaften hat Pflanzenöl?

Pflanzliches Öl ist weitaus dickflüssiger als Dieselkraftstoff. Außerdem liegt der Flammpunkt etwa 165 K über dem Flammpunkt von Diesel. Die Viskosität des Pflanzenöls ist stark von der Temperatur abhängig. Je mehr das Öl erwärmt wird, desto dünnflüssiger wird es. Wenn eine normale Raumtemperatur besteht, ist bei Pflanzenöl die Viskosität um ein Hundertfaches höher als bei Diesel. Erst wenn etwa 150 °C erreicht sind, entwickelt sich eine Viskosität, die der des Dieselkraftstoffes entspricht.
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Wo liegen die Unterschiede zwischen Biodiesel und Rapsöl?

Biodiesel wird genauso wie der alternative Pflanzenöl-Kraftstoff hierzulande vor allem aus Raps erzeugt. Beide kommen im Straßenverkehr nur in Dieselmotoren zur Verwendung.
Die Unterschiede:

    • Pflanzenöl wird nicht chemisch aufbereitet, sondern als naturreiner Kraftstoff verwendet.
    • Biodiesel wird in einem chemischen Prozess aufbereitet, unter Zugabe von Methanol.
    • Biodiesel wird heute fast nur noch als Beimischung in Dieselkraftstoff verwendet.

Die Gewinnung von Treibstoff-Pflanzenöl aus Raps

In industriellen Ölmühlen wird das Rapsöl gewonnen, das als Kraftstoff genützt werden soll. Dabei wird die Rapssaat unter hohem Druck ausgepresst. Es verbleibt ein sogenannter Presskuchen, aus ihm lässt sich durch Lösemittel das restliche Öl Liter um Liter extrahieren. Der verbliebene Presskuchen dient als Futtermittel. Die Lösungsmittel werden durch Verdampfen wieder aus dem Öl entfernt. Schwebstoffe lassen sich durch Raffination beseitigen. Bis zu 4.000 Tonnen Rapssaat können in einer industriellen Ölmühle täglich verarbeitet werden.

Wie umweltfreundlich verhält sich Treibstoff aus Pflanzenöl?

Dass die Ölpflanzen wie etwa Raps in ihrer Wachstumsphase das CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen, macht sie weitgehend klimaneutral. Das Kohlendioxyd gelangt später im Verbrennungsprozess wieder in die Atmosphäre. Bei der Produktion, also beim Pressen des Öls, werden Strom und mineralische Kraftstoffe verbraucht. Dabei wird Kohlendioxid freigesetzt, allerdings nur in geringer Menge im Vergleich zur Energiegewinnung durch die Pflanzen. Auch der Anbau und die Ernte der Ölsaaten verbraucht Energie und setzt Co2 frei. Zudem werden teilweise Pflanzenschutzmittel und Produkte zur Krankheits- und Unkrautbekämpfung verwendet.
Naturnah produzierte Energieträger wie Pflanzenöle tragen in einem Kreislauf dazu bei, dass im Vergleich zum Erdöl die CO2-Belastung abnimmt. Das Kohlendioxyd, das bei der Verbrennung entsteht, wird durch die nachwachsenden Pflanzen wieder aufgenommen. Ein Kritikpunkt an der verstärkten Herstellung von pflanzlichem Kraftstoff besteht darin, dass die Erzeugung auf Kosten der Lebensmittelproduktion erfolgen könnte.

Wie sauber verbrennt Pflanzenöl im Vergleich zu Dieselkraftstoff?

Pflanzenöl ist in der Verbrennung sauberer als Diesel. Der Ausstoß von Rußpartikeln und von CO2 sinkt nach dem Verbrennungsvorgang. Es gibt keine Emission von Schwermetallen und Schwefel, es werden keine gesundheitsgefährdenden Stoffe freigesetzt.

Fazit

Die Bedeutung des regenerativen Energielieferanten Pflanzenöl ist momentan gering. Autofahrer tanken diesen Kraftstoff praktisch nicht mehr, er ist aufgrund der Preisentwicklung am Rohstoffmarkt und der Energiesteuer nicht ausreichend rentabel. Die Umrüstungskosten eines Dieselautos amortisieren sich nicht. Zudem bietet kaum eine Tankstelle Pflanzenöl zum Verkauf. Lediglich Betriebe der Land- und Forstwirtschaft profitieren von der Steuervergünstigung und nützen noch den Biokraftstoff.
Ob sich in Zukunft im Rahmen des Klimaschutzes und der Erdölverknappung ein größerer Bedarf entwickelt, bleibt abzuwarten.

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